Samstag, 1. September 2012

Des Fliegers Lied

Als Webfundstück fand sich dieser Tage das folgende gefährliche* Gedicht:


Es ist Ferienzeit, der Süden lockt

Da haben wir uns wieder mal was Schönes eingebrockt

Einen Charterflug in den Senegal --

Die Bahamas hatten wir ja schon beim letzten Mal

Man schickt uns nach Schalter sechs, wir sind spät dran

Davor stehen knapp vierhundert Leute an

Doch ich sag' mir cool, wie ich einmal bin:

„Diese Menschen wollen sicherlich woanders hin."

Ich geh' ganz nach vorn' und ruf': „Wir sind da!

Wann geht's denn endlich los? Wir woll'n nach Afrika!"

Der Mann am Schalter meint darauf:

„Glauben Sie, die Ander'n stell'n sich hier zur Polonaise auf?"

Na, das fängt gut an, und mancher denkt:

„Wie werden wir da bloß alle hineingezwängt?"

Doch man tröstet uns: „Es ist Platz genug --

Wir wünschen Ihnen einen guten Flug!"

Ein Herr mit 'ner Figur wie Supermann grunzt: „Hau ab, du Eierkopp, und stell dich hinten an!"

Doch ich sag' verschmitzt: „Das geht nicht, Kleiner, Schau doch hinten nach, da steht schon Einer!"

Stolz blick' ich mich um, doch keiner lacht --

Noch zehn Minuten bin ich wieder aufgewacht

Na, Spaß muss sein, wird's auch manchmal hart

Jeder vertreibt sich halt die Wartezeit auf seine Art

Eine Jugendgruppe, offenbar 'n Gesansgverein

Singt zum Beispiel jetzt die „Wacht am Rhein"

Und ein strammer alter Herr freut sich tief bewegt

Dass die Jugend heute wieder deutsches Liedgut pflegt

Aber dann geht's los, uns wird nichts geschenkt

Wir werden wie die Ölsardinen reingezwängt

Doch man weiß ja schon: Es ist Platz genug --

Wir wünschen Ihnen einen guten Flug!

Jeder sucht nach einem Platz, alle sind im Stress

Die einz'ge, die sich langweilt ist die Stewardess

Sie denkt sich, dass sie sowieso nichts helfen kann

Und zündet sich in aller Ruhe 'n Pfeifchen an

Ich bin halb erstickt, und mir wird klar

Dass es ähnlich früher mal auf den Galeeren war

Da war's auch knallheiß, und es roch sehr scharf

Doch hier kommt hinzu, dass man noch nicht mal rudern darf

Aber kurz bevor der Letzte nicht mehr atmen kann

Kommt die Rettung: Jemand schaltet die Belüftung an!

Die schafft was weg, man spürt's genau:

Es riecht nicht mehr nach Schweiß, sondern nach Kabeljau

Es drückt und klemmt, man sitzt beengt

Doch es geht, wenn man die Beine hinterm Kopf verschränkt

Mit einem bisschen guten Willen ist doch Platz genug --

Wir wünschen Ihnen einen guten Flug!

Während jeder um sein Schicksal bangt, kommen ein paar gutgelaunte Herren durch die Tür gewankt

Ohne Zögern stürzen sie ins Cockpit rein

Einer muss von denen offenbar der Käpt'n sein

Jemand ruft entnervt: „Die sind ja blau!"

Doch der Pilot kennt die Vorschriften ganz genau:

Kein Alkohol im Dienst! Das gilt unbedingt

Weshalb die pflichtbewusste Mannschaft immer vorher trinkt

Mancher betet stumm, wenn es keiner sieht

Und die Jugendlichen singen jetzt das Deutschlandlied

Das ist neuerdings ja wieder in den Schulen Pflicht

Allerdings können sie die dritte Strophe nicht

Wir heben ab. Der Mensch denkt, Gott lenkt

Weil der Pilot wie ein Schluck Wasser in der Kanzel hängt

Doch als er heil mit seiner Mühle auf die Piste schlug rief alles: „Ach, war das ein guter Flug!"

 


 
Das "Fliegerlied" von Hans Albers von 1932 drückt die Begeisterung über den technischen Fortschritt der Zeit aus. Als Propaganda ist es erst später genutzt worden.

amazon Kaufempfehlung ist eine DVD mit Filmen in denen Hans Albers mitgespielt hat